Vertrag nach UN-Kaufrecht oder deutschem Handelsrecht?

Rechtsanwalt Veit Reichert Handelsrecht

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Da ich gerade mit einem Mandanten ein Gespräch über die Erstellung seines Lieferantenvertrages hatte und dabei die Frage auftauchte, ob er seinen Vertrag nach deutschem Handelsrecht oder doch lieber nach UN-Kaufrecht abschließen sollte, hier ein kurzer Abriss der wesentlichen Unterschiede.

Bei Anwendung des UN-Kaufrechts im Gegensatz zu deutschem Zivilrecht ergeben sich ein paar Vor- und Nachteile, die je nach Zielsetzung Ihres Vertrages entweder abgeändert werden sollten oder möglicherweise dafür sprechen, doch deutsches Recht anzuwenden.

Vorteile des UN-Kaufrechts

 

  • Verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch

Das UN-Kaufrecht kennt nur einen verschuldensunabhängigen Schadensersatzanspruch, der bei jeder Form der Vertragsstörung greift. Will man im deutschen Zivilrecht eine solche Regelung erreichen, müsste sich der Käufer ausdrücklich bestimmte Eigenschaften zusichern lassen, so dass bei deren Fehlen ein möglicher verschuldensunabhängiger Schadensersatzanspruch besteht.

Nach UN-Kaufrecht können Sie sich solche Verhandlungen ersparen.

 

  • Leistungsstörungen

Das UN-Kaufrecht kennt nur den Begriff der Vertragsverletzung und nicht unterschiedliche Leistungsstörungen wie positive Vertragsverletzungen, Gewährleistung und Unmöglichkeit. Der Vorteil liegt darin, dass Sie als Käufer bei jeder Vertragsverletzung die gleichen Ansprüche haben und nicht zwischen Minderung, Ersatzlieferung, Nachbesserung, Aufhebung des Vertrages oder Schadensersatz unterscheiden müssen. Das UN-Kaufrecht ist an diesem Punkt deutlich einfacher.

 

  • Kumulativer Schadensersatzanspruch

Während das BGB in bestimmten Konstellationen, bspw. im Fall eines Verzugs und erfolgtem Rücktritt von dem Vertrag, einen Schadensersatzanspruch ausschließt, können Sie im UN-Kaufrecht als Käufer immer zusätzlich Schadensersatz verlangen.

  •  Zweijährige Ausschlussfrist

Bei Geltung des UN-Kaufrechts können Sie als Käufer bei Vertragsverletzungen Ihre Ansprüche innerhalb von zwei Jahren geltend machen, sofern diese Frist nicht in Ihrem konkreten Vertrag verkürzt wurde.

 

  • Ersatzlieferung bei Stückkauf

Im UN-Kaufrecht kann im Gegensatz zum deutschen Recht die Ersatzlieferung auch bei einem Stückkauf verlangt werden. Stückkauf meint einen bereits konkret bestimmten Gegenstand, wobei das Gegenteil, der Gattungskauf, nur die allgemeine Gattung einer bestimmten Sache meint.

 

Nachteile des UN-Kaufrechts

 

  • Zustandekommen des Vertrages

Nach UN-Kaufrecht kommt nicht immer durch Lieferung der Ware und deren Annahme ein Vertrag zustande, sodass Sie darauf achten sollten, der Bestellung eine Auftragsbestätigung beizulegen, die der Verkäufer unterzeichnen und an Sie zurück senden sollte.

 

  • Kaufmännisches Bestätigungsschreiben

Im deutschen Recht ist anerkannt, dass die Parteien unter bestimmten Umständen einen Vertrag durch ein kaufmännisches Bestätigungsschreiben schließen. Dies kennt das UN-Kaufrecht nicht.

 

  • Begrenzter Schadensersatzanspruch

Das UN-Kaufrecht begrenzt den Schadensersatzanspruch des Käufers auf den vorhersehbaren Schaden. Bei Abschluss des Vertrages sollte daher die zukünftige Verwendung des Vertragsproduktes aufgeführt werden, um zukünftige Risiken für den Verkäufer vorhersehbar zu machen.

 

  • Vertragsaufhebung

Nach dem UN-Kaufrecht werden die Parteien für länger an den Vertrag gebunden, da Vertragsaufhebung und Ersatzlieferung nur denkbar sind, wenn eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt. Ein geschickter Käufer nimmt damit die ihm wichtigen Produktmerkmale als wesentliche Vertragspflicht in den Vertrag auf.

 

  • Mängelanzeige

Nach UN-Kaufrecht ist der Käufer verpflichtet, bereits mit der Mängelanzeige oder zumindest kurz danach mitzuteilen, welche Rechte er geltend macht. Auch hier bieten sich die Vertragsverhandlungen an, um im Einzelfall davon abweichende Regelungen festzulegen.

 

  • Deckungskauf

Die Regelung zum Deckungskauf beinhaltet, dass der Käufer nach Vertragsaufhebung verpflichtet wird, einen entsprechenden Deckungskauf zu tätigen. Auch an diesem Punkt sollte ein geschickter Verhandler denken.

 

  • Fälligkeit des Kaufpreises

Das UN-Kaufrecht ist hinsichtlich der Fälligkeit des Kaufpreises strikt: Dieser muss am Fälligkeitstag auf dem Konto des Verkäufers eingehen. Auch dies wäre bei Vertragsverhandlungen zu berücksichtigen.

 

Fazit

 

Wie immer bei Vertragsgestaltungen lässt sich somit nicht vorab feststellen, welches Recht das passendere ist. In Gesprächen mit den Mandaten muss zwingend herausgefunden werden, welches konkrete Geschäft geplant ist, welche Chancen und Risiken für den Mandanten damit einhergehen und damit welche Absicherungen vertraglich zu schaffen sind.

 

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