Alles hat seine Grenzen – auch das Weisungsrecht eines Arbeitgebers

Rechtsanwältin Pia Tkotz Arbeitsrecht

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Im Arbeitsrecht gibt es das Weisung- oder auch Direktionsrecht. Damit kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Tätigkeiten seiner Arbeitnehmer näher bestimmen. Das Ganze muss sich aber im Rahmen des Arbeitsvertrags bewegen und die Weisungen müssen nach sogenanntem billigem Ermessen erfolgen. Doch dazu später mehr.

Ein Betreiber mehrerer Pflegedienste plante eine standortübergreifende Weihnachtfeier für seine 400 Beschäftigten. Das Sekretariat sollte die Organisation übernehmen. Doch seine Assistentin weigerte sich vehement, diese Aufgabe zu übernehmen. Auf Nachfrage führte die Betriebswirtin ihren Arbeitsvertrag ins Feld. Dort waren ihre einzelnen Aufgaben sehr detailliert beschrieben. Die Organisation einer Weihnachtsfeier war aber nicht Teil der Stellenbeschreibung. Der Geschäftsführer, der seine Mitarbeiterin bisher recht kooperativ kennengelernt hatte, wollte so eine sture Haltung nicht hinnehmen. Er bezog sich auf sein Weisungsrecht, mahnte die Mitarbeiterin entsprechend ab und kündigte ihr letztendlich. Vor dem Arbeitsgericht führte die Mitarbeiterin aus, dass sie in ihrer Familie einen Fall von schwerer Alkoholsucht hatte und überzeugte Antialkoholikerin sei. Deshalb könne es ihr nicht zugemutet werden, eine Veranstaltung zu organisieren, bei der erfahrungsgemäß eine Menge Alkohol konsumiert wird. Wäre diese Aufgabe in ihre sehr detaillierte Stellenbeschreibung im Arbeitsvertrag aufgenommen worden, hätte sie die Stelle nicht angenommen. Das Arbeitsgericht gab der Frau Recht und erklärte die Kündigung als unwirksam.

Interessant dabei ist vor allem die Begründung des Arbeitsgerichts: So sei es einer Antialkoholikerin durchaus zumutbar, eine entsprechende Feier zu organisieren, solange sie nicht daran teilnehmen muss. Auch religiöse Gründe können in so einem Fall nicht als „Ausrede“ herangezogen werden. Allerdings war die Aufgabenbeschreibung im Arbeitsvertrag so ausführlich und dezidiert beschrieben, dass sich die Arbeitnehmerin darauf berufen konnte. Hätte es einen Zusatz „Sonstige Aufgaben nach Weisungen des Arbeitgebers“ gegeben, wäre die Kündigung rechtens gewesen.

Welchen Umfang hat das Weisungsrecht?

Meistens sind die Aufgaben des Arbeitnehmers im Arbeitsvertrag aber nur grob umschrieben. Deshalb bestimmt der Arbeitgeber im Rahmen des Weisungsrechts die Tätigkeiten im betrieblichen Alltag näher. Das schließt auch Regelungen zur betrieblichen Ordnung und zum Verhalten der Arbeitnehmer mit ein. So kann das Tragen von bestimmter Bekleidung vorgegeben werden oder ob bei der Arbeit das Handy benutzt werden darf. Unter Beachtung des Arbeitsvertrags unterliegen auch die Arbeitszeiten dem Weisungsrecht. Wobei insbesondere die Anordnung von Überstunden nur in Ausnahmen möglich ist, wenn sie nicht bereits im Arbeitsvertrag geregelt sind. Und wenn im Arbeitsvertrag kein Versetzungsvorbehalt hinterlegt ist, lässt sich auch die Veränderung des Arbeitsortes einseitig nur sehr schwer durchsetzen.

Welche Grenzen hat das Weisungsrecht?

Über die Beachtung des Arbeitsvertrags hinaus muss der Arbeitgeber bei seinen Weisungen auch nach sogenanntem billigem Ermessen vorgehen. Das bedeutet, dass er die jeweiligen Interessen der Mitarbeiter angemessen berücksichtigen muss. Darüber hinaus müssen auch Tarifverträge, Betriebsvereinbarungen und gesetzliche Regelungen eingehalten werden. So darf der Arbeitnehmer nie gezwungen werden, illegale oder sittenwidrige Tätigkeiten auszuüben.

Und wie sieht die betriebliche Praxis aus?

Normalerweise wird im betrieblichen Alltag das Weisungsrecht mündlich ausgeübt. Bei grundlegenden Weisungen ist eine schriftliche Dokumentation ratsam, um sie im Streitfall konkret belegen zu können. Allerdings können bestehende Regelungen im Arbeitsvertrag nicht mehr einseitig geändert oder konkretisiert werden. Deshalb sollte die Stellenbeschreibung im Arbeitsvertrag nicht übertrieben detailliert ausfallen – wie ja auch das Praxisbeispiel zu Anfang zeigt.

Nur wenn das Weisungsrecht ordnungsgemäß ausgeübt wird und sich ein Mitarbeiter gleichwohl pflichtwidrig verhält, ist der Arbeitgeber berechtigt, den Arbeitnehmer abzumahnen. Werden die Grenzen des Direktionsrechts hingegen vom Arbeitgeber überschritten, ist der Arbeitnehmer berechtigt, die zugewiesenen Aufgaben in der konkret aber eben rechtwidrig angeordneten Art und Weise zu verweigern.

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