Drum prüfe, wer sich bindet – doch was ist dabei erlaubt?

Rechtsanwältin Pia Tkotz Arbeitsrecht

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Sie haben als Arbeitgeber erfolgreich eine Stellenanzeige geschaltet und interessante Bewerbungen erhalten. Oder Sie sind der Kandidat, der sich über eine Einladung zu einem persönlichen Gespräch freut. Jetzt möchte man sich natürlich gegenseitig kennenlernen und in einem Auswahlgespräch herausfinden, ob man – fachlich und persönlich – gut zueinander passt. Denn Fehlentscheidungen macht niemand gerne und sie können ggf. sogar schnell teuer werden.

Daher gibt es ein paar Punkte, die für alle Beteiligten wichtig sind.

Als Arbeitgeber dürfen Sie Fragen stellen. Und als Kandidat dürfen Sie Ihre Privatsphäre schützen. In diesem Spannungsfeld bewegen sich die Beteiligten bei einem Auswahlgespräch.

Der Gesetzgeber löst das Spannungsfeld so, dass er zwischen Fragen unterscheidet, bei denen ein Kandidat die Wahrheit sagen muss, und Fragen, bei denen ein Kandidat nicht antworten müsste oder damit sogar einfach so „lügen darf“.

Das klingt kniffelig und  – das ist es auch.

Daher ein paar Grundsätze, an denen Sie sich orientieren sollten:

  • Fragen nach dem beruflichen und fachlichen Hintergrund des Kandidaten müssen wahrheitsgemäß beantworten werden.
  • Fragen, die für den konkreten Arbeitsplatz und die zu verrichtende Tätigkeit relevant sind und damit im Zusammenhang stehen, sind ebenfalls wahrheitsgemäß zu beantworten.

In all diesen Fällen besteht ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers, diese Fragen zu stellen und eine ehrliche Antwort zu erhalten. Es handelt sich also um Fragen, die wahrheitsgemäß zu beantworten sind. Eine Lüge als Antwort auf solche Fragen kann im Einzelfall Anfechtungs- und Kündigungsrechte für den Arbeitgeber nach sich ziehen.

Und wo liegen die Grenzen?

Die Wahrheitspflicht eines Bewerbers hört dort auf, wo der Schutz seiner Privatsphäre, seiner persönlichen Lebensumstände und insbesondere seiner allgemeinen Persönlichkeitsrechte überwiegt. Besonders geschützt sind insofern alle im AGG aufgeführten Merkmale.

Auch hierzu haben wir die wichtigsten Fälle zusammengestellt, die in einem Auswahlgespräch eigentlich nicht Thema sein sollten:

  • Fragen zur Familienplanung – vom Familienstand über einen Kinderwunsch bis hin zu einer bestehenden Schwangerschaft;
  • Fragen zur gesundheitlichen Situation – vom derzeitigen Gesundheitszustand, über eine bestehende Behinderung bis zu früheren Erkrankungen oder Krankheiten in der Familie;
  • Fragen zu privaten Ansichten – von der Religion über politische Ansichten und Parteizugehörigkeit bis hin zur Zugehörigkeit zu einer Gewerkschaft und
  • Fragen generell zur Person – von Alter und Herkunft, über Vorstrafen bis hin zu den Vermögensverhältnissen, dem Umgang mit Geld oder einer möglichen Verschuldung.

Zu all diesen Themen wird es sich in den allermeisten Fällen um problematische Fragen handeln, denn sie stehen regelmäßig nicht im Zusammenhang mit der auszuübenden Tätigkeit. (Dies gilt nicht immer – fragen Sie uns im Zweifel.)

Und was passiert, wenn in einem Auswahlgespräch doch einmal – vorsätzlich oder unabsichtlich – eine solche Frage gestellt wird?

Ganz einfach: Der Bewerber darf bei der Antwort lügen, weil ihm durch die Nichtbeantwortung oder Antwort mit der Wahrheit Nachteile entstehen könnten. Findet ein Arbeitgeber das dann später heraus, kann er daraus keinerlei Rechte für sich ableiten. Er muss mit der gelogenen Antwort leben, da der Bewerber eigentlich gar nicht hätte antworten müssen.

Lügt ein Bewerber jedoch bei einer Frage, die er wahrheitsgemäß hätte beantworten müssen, und findet dies der Arbeitgeber später heraus, kann der Arbeitgeber gegen Arbeitnehmer vorgehen.

Aber bedenken Sie die Anforderungen der Tätigkeit!

Geht es um die Stelle einer Kassiererin, kann eine Vorstrafe wegen Betruges relevant sein, nicht jedoch wegen einer Straftat im Zusammenhang mit dem Straßenverkehr; anders womöglich bei einem Lkw-Fahrer, der zwingend eine Fahrerlaubnis benötigt.

In all diesen kniffeligen Sonderfällen beraten wir Sie gerne.